Film ist Comics, verkündet das
Filmarchiv Austria programmatisch und bringt damit ein vielschichtiges
Beziehungsgeflecht auf den Punkt. So wie sich der gezeichnete Bilderwitz
aus Einzelzeichnungen entwickelt hat, entstand zur gleichen Zeit aus der
Technik der Fotografie deren Aneinanderreihung.
Bemerkenswert an der Wahlverwandtschaft, wie Organisator Günter Krenn
die Beziehung der beiden Medien zueinander charakterisiert, ist, dass am
Beginn der gemeinsamen Reise Comics das avancierte Medium waren, aber
heute eindeutig der Film die Nase vorne hat.
Beispiel Lumière
Die ersten Filme der kinematografischen Pioniere waren reine Dokus, die
anfangs ihre Wirkung zwar nicht verfehlten, doch schon bald stieg die
Nachfrage nach erzählten Geschichten. Bei der begrenzten Menge des zur
Verfügung stehenden Materials bot es sich förmlich an, auf die gerade
entstandenen Bildergeschichten der Cartoonisten zurückzugreifen. Sie
lieferten Handlung und Storyboard in einem.
Apropos Storyboard
Populär gemacht haben die gezeichneten Einstellungsvorlagen die Herren
Spielberg und Lucas. Verwendung finden diese Arbeitsbehelfe allerdings
schon mindestens seit Alfred Hitchcock. Film ist Comics#148; zeigt übrigens
Tinto Brass Ich bin wie ich bin (1967) mit Jean-Luis Trintignant und
Ewa Aulin, für das der Comics-Zeichner Guido Crepax das Storyboard
entwickelte.
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Tafeln aus dem von Guido Crepax entworfenen
Storyboard zu Ich bin wie ich
bin. |
Zahlreiche Wechselwirkungen
Die simplen Einstellungen der ersten gezeichneten Bildergeschichten
finden ihre Entsprechung auch auf Celluloid. Umgekehrt finden sich auch
rasantere Beeinflussungen beider Medien. Die Möglichkeiten der
Realitätsbeugung, die im Zeichenuniversum möglich sind, haben immer wieder
Filmer angeregt - ganz augenfällig in den expressionistischen Arbeiten,
etwa Wienes Caligari (1919).
Auf der anderen Seite fanden Schnitt-Techniken und
Detailvergrößerungen, die für den Film entwickelt wurden, ihren Weg zurück
in die Comics und beschleunigten auch in diesem Medium den Erzählfluss und
die Raffinesse der Darstellung.
Historischer Backlash
Was die gezeichneten Geschichten gerade in der Anfangsphase des Kinos
so interessant erscheinen ließ, waren gerade die Spezialeffekte, die das
relativ statische Kino der Anfangsjahre nicht aus sich heraus leisten
konnte. Heute hat sich dieses Verhältnis nahezu umgedreht.
Zeichentrickfilme, wie etwa der gerade in Österreich laufende Tarzan in
der Disney-Fassung entstehen genauso am Computer wie herkömmliche
Spielfilme. Und sie bedienen sich der gleichen Formensprache, mit
Kamerafahrten und dem ganzen Methodeninventar des konventionellen
Großkinos.
Die Innovation geht derzeit also eindeutig vom digitalisierten
Spielfilm aus und kommt mit Kunstfiguren wie Spielbergs Dinosauriern oder
Marlene-Dietrich-Avataren dem, was einst als Comics begann, zur
Deckung.